Allez les Bleus!

Was Taylor Swift für die USA ist, ist Kylian Mbappé für Frankreich. Irgendwie. Jedenfalls ist der Fussballer ein Superstar, dessen Worte in der Öffentlichkeit Gewicht haben. Und Mbappé hat gemeinsam mit einigen seiner Kollegen der französischen Nationalmannschaft gestern tatsächlich Gebrauch von diesem Einfluss gemacht: «Ich hoffe, dass wir nach dem 7. Juli immer noch stolz sein werden, dieses Trikot zu tragen», sagte er gegenüber den Medien.

Am 7. Juli findet der zweite Wahlgang der kurzfristig anberaumten französischen Parlamentswahlen statt. Emmanuel Macron hat sie als Reaktion auf den Erfolg des rechtsextremen Rassemblement National (RN) bei den Europawahlen ausgerufen. Seither befindet sich Frankreich in Aufruhr. Für die Parteien gilt es nun, eine sinnvolle Wahlstrategie zu erarbeiten. Politische Possen sind an der Tagesordnung, für Wahlkampf bleibt kaum Zeit. All das ist politisches Kalkül des Präsidenten, der sich gern als stabiler Fels in der Brandung der Extreme inszeniert.

Dieses Mal könnte er sich aber verrannt haben. Nicht nur, weil das RN in den Umfragen ähnlich weit vorne liegt wie schon bei den Europawahlen. Sondern auch, weil sich die notorisch zerstrittene Linke Frankreichs gerade bemerkenswert viel Mühe gibt, sich zusammenzuraufen und denjenigen, die weder das RN noch Macron wählen wollen, eine Alternative zu bieten.

Nach Ankündigung der Neuwahlen haben sich alle grossen und kleinen linken Parteien rasch zu einer «Neuen Volksfront» zusammengeschlossen. Der Name nimmt Bezug auf das historische linke Bündnis von 1936, das sich damals als Reaktion auf das europaweite Erstarken des Faschismus und des Nationalsozialismus gebildet hatte. Vergangenen Freitag präsentierte die Neue Volksfront nach mehrtätigen Verhandlungen ein gemeinsames, weitreichendes Programm. In manchen Umfragen liegt das linke Bündnis nur wenige Prozentpunkte hinter dem RN.

Ein Erfolg ist möglich. Und dafür, dass sich in Frankreich gerade ein Gefühl der Dringlichkeit einstellt, spricht nun auch, dass Mbappé und seine Kollegen zur Wahl aufrufen. «Wir müssen alles dafür tun, dass sich das RN nicht durchsetzt», sagte der Stürmer Marcus Thuram an derselben Medienkonferenz. Er ist übrigens der Sohn von Lilian Thuram, der mit der WOZ vor zwei Jahren ausführlich über Politik, Rassismus und Fussball gesprochen hat.