Editorial: Glaube, Liebe, Hoffnung?
Nun ist es wieder so weit: Zeit zu beklagen, dass Weihnachten zur Geschenk- und Konsumschlacht verkommen ist. Zeit, sich auf die Ursprünge zu besinnen, gerade angesichts der «Flüchtlingskrise», schliesslich war Jesus ein Flüchtlingskind. Dabei gibt es, ohne Kerzenlicht betrachtet, wenig Besinnliches am Christentum. So ging etwa die gepredigte Nächstenliebe stets Hand in Hand mit Ausgrenzung.
Die WOZ will nicht darüber jammern, was aus dem Fest geworden ist, sondern die Grauzonen beleuchten: Im Dossier auf den Seiten 15 bis 21 erzählt eine junge Frau, wie sie sich von ihrer freikirchlichen Vergangenheit lösen konnte. Zudem wird «evangelikale Nächstenliebe» unter die Lupe genommen – beim «Marsch fürs Läbe» und in der sozialen Arbeit – sowie die katholischen rechtskonservativen Schützer von Familie und Vaterland.
FundamentalistInnen gibt es derweil nicht nur dort: Sie sind ebenso ein Produkt der Aufklärung wie die weltlich orientierte Gesellschaft, in der wir leben und statt an Jesus an die unsichtbare Hand des Marktes oder die Allmacht der Vernunft glauben.
Dabei entwickelt die säkulare Gesellschaft paradoxe Züge: Wir fragen ungläubig, ob ChristInnen tatsächlich an Gott und den Teufel glauben, lassen zugleich unsere Kinder taufen und heiraten in der Kirche. Und warum ruft unsere Verfassung, die unser irdisches Zusammenleben regelt, «Gott den Allmächtigen» an?
Einfache Antworten gibt es nicht. In diesem Dossier können Sie jedoch lesen, wie man den Widersprüchen mit einem kritischen Religionsbegriff begegnen kann. In diesem Sinn wünschen wir transzendentale Erleuchtungen zum Jahresende. Ihre WOZ