Editorial: Weiter als Hollywood

Nr. 3 –

  • Philippe Parreno, «Small Version of Guggenheim Marquee», 2008. Acrylglas, Stahlrahmen, Glühlampen, Neonröhren, 20 × 200 × 150 cm. © the artist, Foto: Colby Bird, Courtesy: Friedrich Petzel / Sammlung Ringier, Schweiz
  • collectif_fact, Annelore Schneider und Claude Piguet, Videostill aus «Hitchcock Presents», 2010. Video HD, 16/9, 1080 Pixel, Dauer: 6 Minuten, 26 Sekunden.
  • Daniela Keiser, Aus der Serie «Set», 2006. Abzug von Farbnegativ, 154 × 100 cm. Courtesy: STAMPA Galerie, © Daniela Keiser
  • Janet Cardiff und George Bures Miller, «The Paradise Institute», 2001. Holz, Kinositze, Videoprojektion, Kopfhörer und Mixed Media, 3 × 17,73 × 5,33 m. © Janet Cardiff and George Bures Miller; Courtesy of the artists and Luhring Augustine, New York
  • Thomas Galler, Aus der Serie «Old Man River – The Compensation Portraits (Heath Ledger Collection)», 2009. Abzug von Farbnegativ, 60 × 45 cm. Aargauer Kunsthaus, Aarau, © Thomas Galler

«Nieder mit der Männerherrschaft!» So steht es auf dem Transparent, mit dem die Frauen in «Die göttliche Ordnung» durch die Strassen ziehen. Der historische Spielfilm über den Kampf für das Frauenstimmrecht in der Schweiz eröffnet am 19. Januar die Solothurner Filmtage. In einem Fragebogen für diese Beilage habe ich der Regisseurin Petra Volpe auch eine cinephile Gretchenfrage gestellt – und sie hat darauf die einzig richtige Antwort gegeben («‹Warte nicht auf Geld!›» ).

Die Parole gegen die Männerherrschaft von 1971 liesse sich aber auch ganz gut ins heutige Hollywood exportieren. Neuste Zahlen der Universität San Diego zeigen dort: Von den 250 erfolgreichsten US-Filmen des vergangenen Jahres stammten nur gerade sieben Prozent von Regisseurinnen – zwei Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Noch krasser sieht es bei den Kameraleuten aus: Nur gerade bei vier Prozent dieser Filme hat eine Frau die Kamera geführt. Die «göttliche Ordnung» ist in Hollywood also immer noch fest verankert, da ist das Schweizer Kino punkto Frauenanteil einiges weiter. Trotzdem gibt es auch hier noch eklatante Missverhältnisse, wie Silvia Süess in ihrem Beitrag zeigt («Mit nackten Zahlen gegen die Herrschaft der Würste» ).

Während das Kino anderswo fast schon gebetsmühlenartig totgesagt wird, denkt ausgerechnet der Schweizer Film weiter. Schon frappant: Mit «Polder» und dem interaktiven Spielfilm «Late Shift» gingen letztes Jahr gleich zwei Schweizer Projekte um die Welt, die auf je eigene Weise den Möglichkeitsraum des Kinos erweitern. Mit Samuel Schwarz und Tobias Weber habe ich zwei der Macher zum grossen Doppelinterview getroffen – und sie gefragt, ob Filme zum Mitmachen wirklich die Zukunft des Kinos sind («‹Man hat uns wohl als arrogante Arschlöcher wahrgenommen›» ). Wie neue Technologien zum Themenpark für neue Geschichten werden, zeigt dazu Daniela Janser in ihrem Essay über die TV-Serien «Black Mirror» und «Westworld» («In der Hölle der untoten Erinnerungen» ).

Auch die Solothurner Filmtage expandieren dieses Jahr, und zwar ins Museum: Für seinen Fokus zum Thema Kunst spannt das Filmfestival mit dem Aargauer Kunsthaus zusammen. Barbara Schweizerhof nimmt das zum Anlass, um die besondere Gattung des Museumsfilms zu würdigen («Kunst ist das, was man für sich entdeckt» ). Die Bilder in dieser Filmbeilage stammen ebenfalls aus dem Museum – und zwar aus der Ausstellung «Cinéma mon amour», die am 21. Januar im Aargauer Kunsthaus eröffnet wird. Und damit Sie sich in Solothurn schneller zurechtfinden, haben wir wieder ein paar Empfehlungen aus dem Programm zusammengestellt – darunter auch Filme von Männern.