Zum 1. Mai: Stürzen wir uns in die Utopie!
Leben wir sexuell so frei wie nie zuvor? Oder sind wir verklemmter, als wir uns einbilden? Schlägt die Übersexualisierung bereits in eine neue Prüderie um? In jeder sexuellen Befreiung, so hat Michel Foucault schon 1976 unter dem provokativen Titel «Wir Viktorianer» gezeigt, ist der Backlash mit eingebaut.
Das Erreichte sollte man trotzdem nicht kleinreden. Die Toleranz gegenüber anderen Vorlieben und sexuellen Minderheiten ist viel grösser geworden, bis weit in konservative Kreise hinein. Homosexualität, noch vor zwanzig Jahren für viele ein rotes Tuch, birgt heute kaum noch Konfliktstoff – streng religiöse Kreise ausgenommen.
Das heisst nicht, dass der Sex automatisch besser oder die Probleme weniger geworden wären: Auch in einer aufgeklärten und vermeintlich freigeistigen Welt gibt es neue, oft selbstauferlegte Zwänge, die dem Sex die Lust austreiben. Und die #MeToo-Bewegung hat gezeigt, dass wir immer noch weit entfernt von einer selbstbestimmten und gewaltfreien Sexualität für alle sind. Die Schriftstellerin Virginie Despentes begrüsst #MeToo im Interview als überfälligen männlichen Machtverlust – denkt aber auch über negative Folgen nach.
Wie hat sich die sexuelle Revolution von 1968 in konkreten Lebensläufen niedergeschlagen? Und wie soll man nun eigentlich den Penis nennen? Antworten gibts in unserem grossen Sexdossier. Inklusive konstruktiver Ratschläge für alle: Warum treiben wirs nicht einfach mal wie die Schnecken?