Luxus im Kollektiv: Sorge teilen
Im spanischen Baskenland riefen Gewerkschaften unlängst zum Feministischen Generalstreik auf. Zu den zentralen Forderungen gehörten der Aufbau eines öffentlich-gemeinschaftlichen Care-Sektors, die Umverteilung der Sorgearbeit und die allgemeine Dreissig-Stunden-Woche.
Der «Luxus des Reproduktionskommunismus», wie ihn die Streikenden propagierten, bedeutet nicht einfach die Verstaatlichung der Pflegeeinrichtungen. Mit der Formulierung «öffentlich-gemeinschaftlicher Care-Sektor» meinten sie, dass der Staat zwar die finanziellen Mittel für Pflegedienste oder Kinderbetreuung bereitstellen muss, die Care-Arbeit selbst aber gesellschaftlich organisiert werden sollte – mithilfe von Genossenschaften (der Pflegekräfte) oder Nachbarschaftsnetzwerken.
Dass Verstaatlichung noch keine Vergesellschaftung ist, hat sich im 20. Jahrhundert des Öfteren gezeigt. Die Vergesellschaftung der Reproduktionsarbeit ist in diesem Sinne mehr als die Bereitstellung guter staatlicher Infrastrukturen. Der «kommunistische Luxus» entsteht dort, wo Menschen in Gemeinschaften (und nicht nur in Familien) Verantwortung füreinander übernehmen. Den Streikenden schweben Wohnprojekte und Nachbarschaften vor, in denen Alte nicht vereinzeln, weil Junge sie ins soziale Leben einbinden, und in denen Kinder nicht nur von ihren Eltern (sprich: den Müttern) versorgt werden, sondern die Betreuung viel selbstverständlicher als gemeinsame Aufgabe erachtet wird.
Raul Zelik ist Schriftsteller, Übersetzer und Politikwissenschaftler.
Illustration: Luca Schenardi