Aufrüstung : Europas falscher Weg
«ReArm Europe», Europa wiederbewaffnen, so heisst der aktuelle Plan der EU-Kommission. 800 Milliarden Euro sollen die EU-Mitgliedstaaten in den nächsten vier Jahren für die Aufrüstung ausgeben – als Reaktion auf die geopolitischen Verwerfungen rund um den autoritären und prorussischen Kurswechsel der neuen US-Regierung. Zum Vergleich: Die Ausgaben für Klimaschutzmassnahmen der EU lagen 2023 bei nicht mal 30 Milliarden Euro. Der Aufrüstungsplan basiert auf der Darstellung, dass Europa gegenüber Wladimir Putins imperialem Russland eigentlich wehrlos sei, nun, da sich die bisherige militärische Schutzmacht USA unter dem neuen Präsidenten Donald Trump vom Alten Kontinent abwendet.
Diese Darstellung ist so nicht richtig. Das Stockholmer Friedensinstitut Sipri hat diese Woche eine Analyse des globalen Waffenhandels der letzten fünf Jahre publiziert. Auffälligste Erkenntnis: Die europäischen Staaten haben ihre Waffenimporte im Vergleich zur Fünfjahresperiode davor um satte 155 Prozent gesteigert. Europa rüstet also schon jetzt stark auf. Weiter zeigt die Sipri-Analyse, dass in erster Linie die US-amerikanische Rüstungsindustrie, die global betrachtet absolut dominierend ist, vom europäischen Aufrüstungsfieber profitiert.
Zur Aufklärung der Verhältnisse trägt auch eine Studie von Greenpeace Deutschland bei, die im November erschien. Sie vergleicht die «militärischen Potenziale der Nato und Russlands» und kommt zum eindeutigen Schluss: «Die Nato ist Russland weit überlegen», nur bei den Atomwaffen herrsche Parität.
Die aktuell angedachte blindwütige Aufrüstung Europas wird zum Bombengeschäft für die Rüstungsindustrie. Unterdessen werden absehbar Gelder für Klimaschutzmassnahmen, für den Sozialstaat, für Bildung und Kultur fehlen. Viel wichtiger für die europäische Sicherheit sind eine durchdachte Koordination und eine sinnvolle Aufteilung bestehender und künftiger militärischer Mittel und Ressourcen.