Le Monde diplomatique: 26 Texte aus 25 Jahren (2016): Vom Trump befallen

Nr. 41 –

Dieser Beitrag erschien einen Monat vor den US-Wahlen von 2016. Als Kandidat der Republikaner ging ein windiger Immobilienunternehmer und Millionär ins Rennen: Donald Trump. Warum war dieser Mann so populär? Und das ausgerechnet bei den Wählerinnen und Wählern, die sich als Betrogene des „Systems“ fühlten, von dem Trump stets profitiert hat?

Es ist seit Langem bekannt: „The system is rigged.“ Das System der US-Präsidentschaftswahlen ist verzerrt – oder gar gezinkt. Das zeigt sich in vielen Facetten: Zum Beispiel wird der Kandidat, der im ganzen Land die meisten Stimmen erhält, nicht unbedingt auch Präsident. Die Kandidaten ignorieren drei Viertel der Staaten, weil dort das Resultat ohnehin feststeht. Fast 6 Millionen Bürger haben kein Wahlrecht, weil sie gerichtlich verurteilt wurden. 11 Prozent der potenziell Wahlberechtigten können nicht abstimmen, weil sie keine Ausweispapiere haben.

Der Wahlmodus als solcher begünstigt massiv die beiden großen Parteien. Verzerrt wird die demokratische Repräsentation auch durch die Einteilung der Wahlkreise, vor allem aber durch den Faktor Geld – in Form von Wahlkampfspenden – und den Einfluss von Lobbyisten und Massenmedien.

Dieses Mal drückt der Slogan aber noch etwas anderes aus: ein Gefühl, das die Kluft zwischen den Parteien überwölbt. Eine Wut, die in den 12 024 000 Stimmen für Bernie Sanders bei den Vorwahlen der Demokraten zum Ausdruck kam, aber auch in den 13 300 000 Stimmen für den Milliardär Donald Trump, der sich in den Vorwahlen der Republikaner durchsetzte.

Das Urteil, dass das System verzerrt sei, ist auch die Quittung dafür, dass Regierungen der Republikaner wie der Demokraten im Nahen Osten Kriege angefangen haben, die für die USA kostspielige und zugleich sieglose Unternehmen waren. Es ist die Reaktion darauf, dass die Mehrheit der Bevölkerung weiter unter den Folgen der Wirtschaftskrise leidet – während die Leute, die sie ausgelöst haben, ungeschoren davongekommen sind, und dass Präsident Barack Obama die große Hoffnung auf einen Umbruch, die er im Wahlkampf 2008 geweckt hatte, am Ende enttäuschte.

Aber auch darauf, dass für die republikanischen Wähler nicht viel heraussprang, als ihre Partei in den Kongresswahlen von 2010 und 2014 den Demokraten zuerst im Repräsentantenhaus und dann im Senat die Mehrheit abjagte. „Das System ist verzerrt“, weil sich in Washington nichts ändert; weil die kleinen Leute das Gefühl haben, ihr Land werde von einer Oligarchie beherrscht, die für sie nur Verachtung übrig hat; weil die Ungleichheit zunimmt und die Angst der Mittelklasse wächst.

Dabei hatte alles so schön begonnen. Bei den Demokraten wurde aus Hillary Clintons vermeintlichem Spaziergang durch die Vorwahlen, der unter kräftiger Beihilfe Obamas die Fortsetzung der Clinton-Dynastie einleiten sollte, ein erbittertes Duell mit Bernie Sanders. Dem 70-jährigen Einzelkämpfer war es zum allgemeinen Erstaunen gelungen, Millionen junge Wähler, Arbeiter und Provinzbewohner mit kapitalismuskritischen Themen zu mobilisieren.

Und da seine Wahlkampfkasse dank Millionen von Kleinspenden voll war, konnte er den „Faktor Geld“ neutralisieren, der in der US-Politik eine der wichtigsten – und am meisten verhassten – „Verzerrungen“ darstellt. Das ist eine ermutigende Entwicklung. Interessanterweise hat auch Donald Trump erheblich weniger Geld für seine Vorwahlkampagne ausgegeben als einige seiner unterlegenen Konkurrenten.

Bislang war in den meisten Präsidentschaftswahlkämpfen die „Entrüstung über den Staat“ ein beherrschendes Motiv. Heute fordern dagegen selbst konservative Wähler stärkere Eingriffe der öffentlichen Hand in das Wirtschaftsleben. Auch Trump fordert in seinem Programm keineswegs geringere Sozialausgaben oder weniger Arbeitslosengeld.

Das Thema Freihandel spielt in seinem Wahlkampf eine zentrale Rolle, wobei er alle von seinen Vorgängern – Republikaner wie Demokraten – ausgehandelten Verträge zerreißen und US-Unternehmen, die ihre Produktion ins Ausland verlagert haben, Zollabgaben auferlegen will. Im Übrigen ist sich Trump mit Clinton darüber einig, dass der Staat die extrem kostspielige Erneuerung der Verkehrsinfrastruktur des Landes finanzieren muss. Der ehemals parteiübergreifende Konsens im Sinne von Globalisierung und Neoliberalismus ist wie eine Seifenblase zerplatzt.

Offenbar haben es die großen US-Konzerne mit ihrem Zynismus und ihrer öffentlich demonstrierten Habgier geschafft, die Idee zu zerstören, wonach ein zwingender Zusammenhang zwischen ihrem eigenen und dem Wohlergehen des Landes bestehe.

Hillary Clinton hat zwar angekündigt, sie werde wichtige Aufgaben ihrem Mann übertragen, der vor 25 Jahren den Rechtsruck der Demokraten bewerkstelligt hat, doch in der Zwischenzeit hat sich das Gesicht ihrer Partei verändert. Die Wähler der Demokraten stehen heute weiter links: Der Begriff „Sozialismus“ schreckt sie nicht mehr ab, und sie halten wenig von Kompromissen mit den Republikanern. In vier zentralen Aspekten des Rechtsschwenks, den die „neuen Demokraten“ unter Bill Clinton vollzogen haben – nämlich Freihandelsabkommen, inflationäre Zunahme von Haftstrafen, Deregulierung der Finanzmärkte und Lohndämpfungspolitik –, musste Hillary Clinton den Anhängern von Bernie Sanders Konzessionen machen.

Donald Trumps Schmähreden gegen mexikanische Einwanderer oder gegen den Islam, sein Sexismus und seine rassistischen Hirngespinste sind so abscheulich, dass sie uns zuweilen hindern, seine anderen Aussagen zur Kenntnis zu nehmen. Doch bei wichtigen Themen wie Sozialausgaben, Handelspolitik, Rechten von Homosexuellen, internationale Bündnisse oder militärische Auslandseinsätze verletzt Trump die ehernen Grundsätze seiner Partei so massiv, dass man sich einen raschen Kurswechsel führender Republikaner in allen diesen Punkten kaum vorstellen kann.

Es sei denn, sie haben Angst, endgültig „ihre“ Basis zu verlieren. Die hat ihren Unmut bereits demonstriert, indem sie einen Kandidaten kürte, der verbal heftig austeilen kann, auch gegen führende Leute im eigenen Lager. Zum Beispiel, wenn er sagt: „Unsere Politiker haben vehement eine Globalisierungspolitik verfolgt. Die hat die Finanzelite, die ihre Kampagnen unterstützt, noch reicher gemacht, während sie Millionen von amerikanischen Arbeitern nur Armut und Sorgen gebracht hat.“ Das sind überraschende Sätze aus dem Mund eines Milliardärs, der in seinem Penthouse in Manhattan sitzt und Textilien seines Trump-Labels in China und Honduras produzieren lässt. Und doch treffen sie die Lage ziemlich gut.

Ist das System also doch nicht so verzerrt, wie wir dachten? Francis Fukuyama hat kürzlich in einem Text für Foreign Affairs argumentiert: Die amerikanische Demokratie funktioniere eben doch, wenn sie auf den Volkszorn reagiert, die Clinton-Dynastie ins Wanken bringt, die republikanischen Barone demütigt und es schafft, Ungleichheit, Protektionismus und Deindustrialisierung zu zentralen Wahlkampfthemen zu machen. Und vielleicht könnte sie sogar einen doppelten politischen Betrug beenden.

Die Demokratische Partei hat sich in den letzten Jahren immer mehr zum Instrument der akademisch ausgebildeten Mittel- und Oberschicht entwickelt. Gleichzeitig sicherte sie sich eine überwältigende Wählermehrheit bei den Afro- und Hispanoamerikanern, indem sie sich die „Vielfalt“ auf die Fahnen schrieb. Und indem sie sich auf die Gewerkschaften stützte, konnte sie ihre Wählerbasis bei den Arbeitern halten. Aber ihre Vision von Fortschritt ist nicht mehr egalitär, sie kommt mal individualistisch und paternalistisch (man muss sich anstrengen) daher, dann wieder meritokratisch (man muss mehr lernen).

Es fehlt eine Perspektive für die Menschen, die fern der Küsten leben, vom Wohlstand der großen Metropolen nichts abbekommen, von Wall Street und Silicon Valley ausgeschlossen sind. Diese Leute sehen die industriellen Arbeitsplätze schwinden, die lange Zeit einer Mittelschicht ohne höheres Bildungsniveau eine relativ gesicherte Existenz bot.

Diesen ehemaligen Industriearbeitern und den armen „kleinen Weißen“ hatte auch die Republikanische Partei – vor Trump – nicht mehr viel zu bieten. Sie dachte vor allem an die Unternehmen, denen man die Steuern senken sowie Exporte und Auslandsinvestitionen erleichtern wollte.

Für die Arbeiter und die weiße Unterschicht hatte man nur Sprüche über Heimat, Religion und Moral übrig. Und über die Bedrohung durch Minderheiten, die von arroganten Intellektuellen Unterstützung erfahren. Auf diese Weise schafften es die konservativen Republikaner, die Opfer ihrer eigenen Wirtschaftspolitik noch einige Zeit bei der Stange zu halten.

Dass diese Leute jetzt Trump nachlaufen, hat andere Gründe. Der New Yorker Unternehmer redet nicht nur über die Bibel und das Recht auf Waffenbesitz, sondern auch über die Verteidigung von Industrien und die Kündigung von Handelsabkommen.

Hillary Clinton kann diese zornige Trump-Gefolgschaft nicht für sich gewinnen, indem sie alle in denselben Topf wirft und als bedauernswerte Ansammlung von Rassisten, Sexisten, Homophoben, Fremdenhassern und Islamphobikern bezeichnet. So drückte sie sich bei einer New Yorker Fundraising-Veranstaltung vor Leuten aus, die viel Geld bezahlt hatten, um die Kandidatin Clinton zu hören.

Kann eine Wahl, die von solchen ideologischen Verwerfungen und nachgerade vom Wunsch nach einer grundsätzlichen Wende geprägt ist, am Ende dennoch von der Kandidatin des Status quo gewonnen werden? Durchaus, und zwar deshalb, weil ihr Gegner ein Outsider ist, der noch mehr Hass auf sich zieht. Genau darin liegt aber die eigentliche, die größte „Verzerrung“, die wir auch in anderen Ländern beobachten.

In Frankreich könnten wir nächstes Jahr Ähnliches erleben: dass der Volkszorn gegen die Globalisierung, gegen soziale Ausgrenzung und die Herrschaft abgeschotteter „Eliten“, in die falschen Kanäle geleitet wird und die politischen Machtspiele dafür sorgen, dass auch in diesem Fall das übelste aller Resultate herauskommt.

Clinton schützt sich gegen alles Unerwartete durch Experten, Meinungsforscher und Werbefachleute, die jeden ihrer Schritte genauestens durchkalkulieren. Deshalb hat Trump beschlossen, alles auf den Kopf zu stellen, und dabei auch die von seiner Partei festgelegte Strategie über Bord geworfen.

Obamas Wiederwahl im November 2012 hat die führenden Köpfe der Republikaner überrascht. Ihre Schlussfolgerung war, dass sie den Vorsprung der Demokraten bei der afroamerikanischen Bevölkerung (die Clinton weniger gut mobilisieren kann als Obama) und insbesondere bei den Hispanics, deren Anteil an der Bevölkerung wächst, entscheidend verringern müssten. Da beide Gruppen die Hauptopfer der restriktiven Einwanderungspolitik der Republikanischen Partei waren, wollte man sich in dieser Frage offener zeigen und einem Teil der illegalen Einwanderer einen Aufenthaltsstatus gewähren.

Schließlich ist das Wahlverhalten nicht genetisch verankert, und ein hispanoamerikanischer US-Bürger kann sehr wohl für eine rechte Partei stimmen, wenn er Abtreibungen ablehnt oder Steuererleichterungen befürwortet. Die polnischen, italienischen und litauischen Einwanderer, die 1980 für Ronald Reagan stimmten, hatten vorher stets die Demokraten gewählt. Und 70 Prozent der Muslime hatten im Jahr 2000 George W. Bush unterstützt, acht Jahre später stimmten 90 Prozent von ihnen für Barack Obama.

Donald Trump kalkuliert genau andersherum. Statt ein paar afroamerikanische und Latino-Stimmen zusammenzukratzen, will er seinen Vorsprung bei den nichtspanischen Weißen ausbauen. Deren Anteil in der Bevölkerung geht zwar ständig zurück, ihr Anteil an den aktiven Wählern lag jedoch 2012 noch immer bei 74 Prozent. Dieses „weiße Amerika“ und insbesondere die Arbeiter und einfachen Angestellten will Donald Trump mit zwei Parolen ansprechen.

Erstens mit der Behauptung, mehr Einwanderer bedrohten die Sicherheit und die „amerikanische“ Identität, und zweitens mit der Beschwörung einer industriellen Renaissance („Make America great again“). Solche Sprüche kommen gut an in einer gesellschaftlichen Klasse, die vom demokratischen Establishment vernachlässigt wird, weil sie weder zur digitalen Moderne zählt noch in das Bild der ethisch-kulturellen Vielfalt passt. Was zweifellos daran liegt, dass diese Gruppen in den Augen der Demokraten einer antiquierten, im Niedergang befindlichen Lebenswelt angehören – also „bedauernswert“ sind. Es stimmt zwar, dass sich in den Metropolen ein wachsender Teil des Wohlstands und der Kreativität konzentriert, doch die Wahl wird in den „peripheren“ Bundesstaaten entschieden. In Kalifornien und New York zum Beispiel steht der Wahlgewinner bereits fest, und wie groß hier die Mehrheit der Demokraten ausfällt, ist unerheblich. Am 8. November kommt es vielmehr auf Ohio, Pennsylvania, Michigan und Wisconsin an, weil dort der Wahlausgang noch offen ist. Deshalb umwerben die Kandidaten die Wähler dieser Staaten, fahren hin und gehen auf ihre Sorgen ein.

Und was finden sie dabei heraus? Dass in diesen Staaten mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil von weißen, älteren und weniger gebildeten Menschen Hunderttausende Arbeitsplätze verloren gingen, sei es durch Abwanderung von Betrieben oder aufgrund der chinesischen oder mexikanischen Konkurrenz. Dass ständig neue Industrieruinen hinzukommen und dass man hier vom wirtschaftlichen Wiederaufschwung weit weniger profitiert hat als anderswo.

In diesen Staaten kommen die protektionistischen Parolen von Donald Trump bei vielen an, während Hillary Clinton Mühe hat, die „gute Bilanz“ von Präsident Obama zu verkaufen. Wenn in naher Zukunft die großen Städte der USA noch weiter angewachsen sind und die Immigration Amerika in ein Land verwandelt hat, das mehrheitlich aus „Minderheiten“ besteht, dann werden die Demokraten die Arbeiter des Mittleren Westen vergessen können, wie sie früher schon die „kleinen Leute“ des weißen Südens vergessen haben.

Aber bei diesen Wahlen können die Demokraten das nicht ungestraft tun. Dieses Jahr ist es noch zu früh, um Leute wie verzogene Kinder auszuschimpfen, die (negativ) auf die Probleme reagieren, die man selbst geschaffen hat; oder sie einfach anzuweisen, sich weiterzubilden, den Beruf zu wechseln, wegzuziehen. Denn bei einem Rivalen wie Donald Trump können sich die Demokraten nicht mehr sicher sein, dass die verbliebenen Arbeiter bei den Wahlen keine Alternative sehen.

Hillary Clinton verkörpert eine politische „Elite“, die seit einem Vierteljahrhundert die „kleinen Leute“ in die Katastrophe führt. Aber jetzt muss sie auf einmal Menschen berücksichtigen, die ökonomisch gefährdet sind und um ihren gesellschaftlichen Status bangen. Clinton kann einen glänzenden Lebenslauf vorweisen – aber 2016 wollen offenbar viele Amerikaner diese alte politische Klasse loswerden. Und das Mittel, über das sie verfügen, ist eine Dynamitstange namens Donald Trump.

Plötzlich werden die armen Weißen also wieder zur Kenntnis genommen und soziologisch erforscht wie vor 50 Jahren das „schwarze Lumpenproletariat“. Dabei findet man heraus, dass die Lebenserwartung der Minenarbeiter in den Appalachen und der Tabakbauern in Virginia gesunken ist, und dass dies für alle Leute gilt, die den Beruf wechseln müssen und etwa als Wachpersonal bei Walmart zwei Drittel ihres alten Gehalts einbüßen.

Weiße ohne höheren Bildungsabschluss leben im Durchschnitt 13 Jahre kürzer als Weiße, die eine Universität besucht haben (67,5 gegenüber 80,4 Jahre); betrachtet man nur die Frauen, macht der Unterschied immer noch mehr als 10 Jahre aus (73,5 gegenüber 83,9 Jahre).

Pfandleihhäuser, ledige junge Mütter, die von Sozialhilfe leben, überdurchschnittlich viele fettleibige Menschen und Drogenabhängige finden sich nicht mehr nur in den schwarzen Ghettos. Diese wirklich Armen sehen in der Erfahrung Clintons, in ihrer Nähe zum Washingtoner Politikbetrieb, in der Unterstützung, die sie durch die wichtigsten Medien genießt, nicht unbedingt eine Empfehlung.

Wie wird für die Grubenarbeiter die „postindustrielle“ Zukunft aussehen, wenn alle Kohlebergwerke geschlossen sind? Wenn die Taxifahrer durch selbst fahrende Google-Fahrzeuge, die Supermarktkassierer durch Scanner und die Arbeiter durch Roboter ersetzt werden? Sollen sie alle Programmierer werden, selbstständige Lieferanten von per Handy-App bestellten Fertiggerichten, Vermieter von Touristenzimmern, Biogärtner oder Haushaltshilfen?

Hillary Clinton hat keine Antwort auf diese Ängste, die für sie zweifellos in die Rubrik Fortschrittsverweigerung fallen. Donald Trump dagegen reitet unablässig auf diesen Ängste herum und hält denen, die er durch seine groben Manieren, seinen brutalen Charakter und seinen Mangel an politischer Erfahrung vergrault, die Frage entgegen: „Was habt ihr zu verlieren?“

Ob das amerikanische System – verzerrt oder nicht – bereits so brüchig ist, dass es sich einem Mann wie Trump ausliefert, werden wir in Kürze sehen. Aber falls ein erneuter Anschlag, ein misslungener Fernsehauftritt oder die Veröffentlichung kompromittierender Mails genügen sollten, um Hillary Clinton vom Weißen Haus fernzuhalten, d ann wäre eines bewiesen: Anstatt die autoritäre Rechte wirksam zu bekämpfen, ist die Partei des neoliberalen Status quo zum wichtigsten Treibsatz für diese Rechte geworden.

Aus dem Französischen von Birgit Bayerlein

Serge Halimi ist seit 2008 Direktor von Le Monde diplomatique, Paris. Dieser Text erschien im Oktober 2016 in LMd.