Trumps Angriff auf die Linke: «Terrorist:in» werden
Der US-Präsident erklärt «die Antifa» zur terroristischen Organisation. Mit dem Ziel, politische Gegner:innen zu überwachen und zu verfolgen.
Sie «frustriere» mit ihren undurchsichtigen und anonymen Strukturen die Strafverfolgungsbehörden und radikalisiere junge Leute, schreibt die US-Regierung diese Woche in einem «Faktenblatt» über die Antifa, das in weiten Teilen richtig Lust auf eine Probemitgliedschaft macht, so es eine solche denn gäbe. Inzwischen würden Beamt:innen der Migrationsbehörde ICE dank der Antifa zehnmal öfter angefeindet als früher, heisst es da, von mehreren sei die Identität veröffentlicht worden. Die ICE-Beamt:innen tragen bei ihren Gewaltexzessen in der Regel eine Maske.
Am Montag hatte US-Präsident Donald Trump eine Executive Order unterzeichnet, mit der er die Antifa zur einheimischen Terrororganisation erklärte. Er macht damit nun eine Drohung wahr, die schon lange kursiert, wie Christopher Mathias, Autor des Buchs «To Catch a Fascist», unlängst nachzeichnete: Die Forderung erreichte 2017 erstmals die grosse Bühne. In Charlottesville waren gerade Rechtsextreme aufmarschiert, einer von ihnen war mit seinem Auto in die Gegendemonstration gefahren und hatte eine 32-jährige Bürgerrechtsaktivistin getötet. Trump, damals schon Präsident, sprach von «guten Leuten auf beiden Seiten». Sogar aus den Reihen seiner eigenen Partei erntete er dafür Kritik. Wenig später lancierte ein User mit dem Pseudonym «Microchip» eine Petition, die 300 000 Leute unterzeichneten. Sie forderte die Einstufung der Antifa als Terrororganisation, kursierte in den einschlägigen Medien, schlug Wellen. Der Zeitung «Politico» sagte «Microchip» später, er habe die Petition lanciert, um die gespaltene Rechte wieder zu vereinen. Er habe «die Antifa als Boxsack etablieren» wollen, er hasse sie. Seither sei das Narrativ immer und immer wieder bedient worden, schreibt Mathias – am eindringlichsten wohl 2020, als die «Black Lives Matter»-Proteste das Land aufrüttelten und Trump laufend die Demonstrant:innen diffamierte, sogar nachdem einer tätlich angegriffen worden war.
Zu meinen, diese rhetorische Eskalation sei ein rein US-amerikanisches Problem, greift zu kurz. Just am Freitag stimmte die Mehrheit des niederländischen Parlaments dem Antrag des ultrarechten Politikers Geert Wilders zu, der die Antifa als Terrororganisation einstufen will. In der Schweiz gab es bereits denselben Versuch einschlägiger Exponenten: So reichte SVP-Nationalrat Andreas Glarner 2020 ein Postulat ein, mit dem er forderte, die Antifa zu verbieten. Über ein Drittel der anwesenden Parlamentarier:innen stimmten ihm damals zu. Der Bundesrat lehnte es zwar ab, aber natürlich bekräftigte auch er, der gewalttätige Linksextremismus sei eine «ernst zu nehmende Bedrohung» . Immer schön auf Distanz bleiben: Auch heute ist aufseiten der bürgerlichen Mitte der Aufschrei über die Illegalisierung von politischem Aktivismus lächerlich klein im Vergleich zur Empörung über den Zensurversuch gegen Late-Night-Moderator Jimmy Kimmel.
Gerade zeigt sich deutlich, wie sich die rechte Konstruktion «der Antifa» als potenzielles Fundament sehr realer politischer Verfolgung erweist – obwohl es in den USA den rechtlichen Status der einheimischen Terrororganisation, gar nicht gibt. Und obwohl «die Antifa» keine Organisation ist, deren Mitglieder irgendwo verzeichnet wären – Trumps Leute haben selbst bürgerliche Regierungskritiker:innen schon als «Antifa» bezeichnet. Das Dekret dürfte vor allen Dingen die Kompetenzen des Staates zur Überwachung und Zerschlagung linker Strukturen erweitern. Es ist damit ein frontaler Angriff auf emanzipatorische Kämpfe, antirassistische Proteste – und die antifaschistische Bewegung, die sich faschistischen Tendenzen und der Gewalt von Neonazis entschieden entgegenstellt.
Die anarchistische Plattform «Crimethinc» hat als Reaktion bereits eine Art Stellungnahme veröffentlicht. Die Autor:innen erklären darin, wie man vorgehen soll, wenn Bundesbehörden unangekündigt Wohnungen stürmen, und schreiben: «Defätismus hilft nur dem Feind, auch wenn es düster ist: Hört nicht auf zu kämpfen.» Trump hätte nicht besser beweisen können, wie legitim dieser Kampf ist.