Dienstag, 1. November, 11.01 Uhr
Sich zusammenzureissen wird an Land immer schwieriger. Seit vorgestern sind wir wieder in Malta, nach zwei stürmischen Tagen mit bis zu sechs Meter hohen Wellen und Windstärke 8. Unser Schiff war ein grosser Schüttelbecher, das Salzwasser der Wellen tropfte von der Küchendecke, wenn man aufs Klo ging, schwappte das Wasser aus dem Spülkasten über. Zahnbürsten lagen neben Klobürsten, der Medienraum war mit losen Blättern aus irgendwelchen Ordnern übersät. Es ergab wenig Sinn, irgendetwas aufzuheben und zu versorgen. Nun, im Hafen angekommen, war grosses Reinemachen angesagt. Unsere Nachfolger, Crew 14, liess ausrichten, dass sie das Putzen für uns übernehmen würden. Doch niemand wollte das Angebot annehmen. Das Schiff wieder klarzumachen, alles zu ordnen, zu schrubben, ist auch Psychohygiene und Gelegenheit, der «Sea-Watch 2» etwas zurückzugeben. Sie, die uns so gut durch diese in vielerlei Hinsicht stürmischen Tage getragen hat. Ich erinnere mich an den ersten Tag auf See: Captain Jon sprach, als sei das Schiff ein beseeltes Wesen, dem man Sorge tragen muss. Seit Tagen sehne ich mich nach Zuhause. Doch als wir gestern unsere Sachen packten, an Land gingen, während die neue Crew die Kabinen bezog, war ich doch traurig, die «Sea-Watch 2» im Hafen zurückzulassen.