Gertrud «Ich mag es, ihn dann noch knallhart durchzuficken»

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Illustration von Giulia Spagnulo: zwei Menschen beim Sex im Bett, unter dem Bett versteckt sich eine dritte Person
Illustration: Giulia Spagnulo

Sie nennt es sein Coming-out: Nach einigen Jahren eröffnete ihr Thomas, jetzt seine devote Seite ausleben zu wollen. Keusch leben zu wollen, Penis im Metallkäfig, nur noch zusehen. «Und ich habe das völlig easy genommen», erzählt Gertrud. «Hab ihm dann gesagt: ‹Ja gut, mach mal.›» Es war der Beginn einer Phase von vielen, die die beiden in ihrer Beziehung durchlebt haben. Seit achtzehn Jahren sind sie ein Paar, heute ist Gertrud 44.

Kennengelernt haben sie sich auf einer Website mit dem Namen «Sklavenzentrale». Gertrud war dort als ­«devot» angemeldet, Thomas als «dominant». Und zu Beginn hätten sie ihre Sexualität auch noch so ausgelebt, erzählt Gertrud. Nicht nur im Bett. «Ich habe ihn auf ein Podest gestellt; wenn er etwas gesagt hat, gabs keine Widerrede.» Aber bald merkte sie auch, dass sie gar nicht so devot war. Die BDSM-Dynamik schlief ein. «Wir führten eine gewöhnliche Vanilla-Beziehung.» Als ­«Vanilla» bezeichnet man in der BDSM-Welt das, was nicht zu dieser Welt zählt. Nur, so ganz zufrieden seien sie damit auch nicht gewesen.

Dann hatte ihr Partner sein Coming-out als devot – und Gertrud eine schwere Zeit vor sich. «Ich hatte mir das alles einfacher vorgestellt.» Es sei ihr wichtig gewesen, einander weiterhin auf Augenhöhe begegnen zu können – auch wenn Thomas sich gewünscht habe, dass sie eine Machtposition einnehme. Auch sein Wunsch, dass sie mit anderen Männern ins Bett geht, während er dabei zusieht, entsprach nicht ihrem Bedürfnis. «Wenn man als Frau in den einschlägigen Foren unterwegs ist, wird man oft nur als Objekt gesehen.»

Dass Thomas seine Bedürfnisse auch ausserhalb der Beziehung ausgelebt habe, sei nie ein Problem für sie gewesen. «Er hat eine Zeit lang die Wohnung einer Freundin von mir geputzt; das war total in Ordnung für mich.» Es sei ja schliesslich normal, dass sich eine so langfristige Beziehung im Lauf der Zeit verändere – und sich dabei auch sexuelle Bedürfnisse wandelten. «Alle sollten sie so ausleben können, wie sie sich das wünschen.» Gertrud pflegte zu dieser Zeit ebenfalls andere intime Beziehungen. Sie mag es, die sadistische Rolle zu spielen, Thomas ist aber nicht besonders masochistisch. So traf sie Männer, die es genossen, von ihr «durch die ganze Wohnung geprügelt» zu werden, wie sie sagt.

Nach rund drei Jahren hatte Thomas genug von der Keuschheit. In der Weihnachtszeit verkündete er Gertrud, dass Schluss damit sei. «Er hat gesagt: ‹Du, pass auf, das war eine schöne Erfahrung, aber jetzt will ich auch mal wieder Sex haben.›» Dann hätten sie den Käfig wieder entfernt. Seit ein paar Jahren leben die beiden in einer offenen Beziehung, kommen ihren Bedürfnissen nach, inner- und ausserhalb der Beziehung. Wobei sie klare Regeln befolgen. Etwa, dass sie nicht bei anderen Sexpartner:innen übernachten.

Das funktioniert gut. Eifersüchtig sei sie nie, sagt Gertrud. «Weil wir offen miteinander darüber reden, was wir erleben.» Gertrud ist zufrieden. «Wir führen eine sehr liebevolle Beziehung.» Veränderungen seien schliesslich gut. Und solche werde es auch weiterhin geben. Thomas geht regelmässig auf Swingerpartys; Gertruds Ding ist das nicht. Dafür geniesst sie es, Analsex mit ihm zu haben, wenn er von einer Party heimkommt: «Ich mag es, ihn dann noch knallhart durchzuficken.»