8. März – Frauenkampftag: Blumen? Nein, eine Revolution!
Feminismus ist en vogue – die Bewegung erlebt zurzeit eine neue kämpferische Welle. Am 8. März, dem Internationalen Frauenkampftag, finden in neunzig Ländern rund um den Globus Frauenstreiks statt. In Berlin gilt der 8. März ab diesem Jahr zudem neu als offizieller Feiertag.
Während nun die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg deswegen besorgt warnen, man lasse sich mit dem neuen Feiertag 160 Millionen Euro Wirtschaftsleistung durch die Lappen gehen, versuchen andere Branchen, mit dem Frauenkampftag den eigenen Profit anzukurbeln. «Dieser Strauss wird intelligenten, modischen Frauen mit Familiensinn besonders gut gefallen», werben Onlineblumengeschäfte zum 8. März. Die Bouquets heissen «Aufrichtiges Lächeln» oder «Pure Emotionen». Direkt unter dem «Strauss zum Tag der Frau» poppt Werbung für die «Männerpflanze» auf – pflegeleichte Kakteen mit Namen wie «Bruce» oder «George». Der Slogan dazu heisst: «Stehvermögen. What else?»
Die Kommerzialisierung des Feminismus zeigt sich schon länger in der Modeindustrie. Da lassen sich haufenweise T-Shirts mit feministischen Sprüchen kaufen; wohlgemerkt nur in der Damenabteilung, in kleinen Grössen – und fabriziert von Näherinnen im Globalen Süden, die dafür einen Hungerlohn erhalten.
Dabei war Clara Zetkin, die 1910 auf der Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz die Einführung eines Frauenkampftags vorschlug, nicht nur Feministin – sondern auch Antikapitalistin. Und auch für heute gilt: Feministische Anliegen sind keine Marktlücke zwischen Valentinstag und Muttertag. Denn die Ungerechtigkeiten gehen weiter, 365 Tage im Jahr. Sie lassen sich weder mit Blumen wegschenken noch mit einem institutionalisierten Tag wegfeiern.
Zudem zeigt sich der antifeministische Backlash momentan überdeutlich. Seit der Finanzkrise 2008 erleben Maskulinistenbewegungen – wie die gesamte Rechte – einen Aufschwung. Die Abtreibungsrechte sind vielerorts umkämpft. Faschistische und misogyne Machthaber wie Jair Bolsonaro in Brasilien, Donald Trump in den Vereinigten Staaten oder Rodrigo Duterte auf den Philippinen betreiben gezielt frauen- und LGBTIQ-feindliche Politik.
In der Schweiz wird rund alle drei Wochen eine Frau von ihrem (Ex-)Partner umgebracht, in Deutschland jeden zweiten bis dritten Tag.* Sexualisierte Gewalt ist an der Tagesordnung. Derweil werden in der Werbung Frauen unaufhörlich zu Sexobjekten degradiert.
Noch immer verdienen Frauen in der Schweiz im Schnitt zwanzig Prozent weniger – und leisten zusätzlich weit mehr schlecht oder gar nicht bezahlte Care-Arbeit, die kaum anerkannt wird. Wer all dies in Kauf nimmt und genügend Ellbogen, Ehrgeiz und Ignoranz an den Tag legt, darf – als «Karrierefrau» – zwar womöglich in männlich dominierte Sphären vordringen. Nur: Es herrschen halt noch immer die patriarchalen Spielregeln.
Was wir zum 8. März wollen, sind keine Blumen, sondern eine feministische Revolution. Dafür braucht es eine Bewegung, die kämpferisch, unbequem, laut und wütend bleibt. Die sich weder von Kommerzialisierung noch von Feiertagen oder leeren Versprechen einlullen lässt. Die von Frauen und Queers getragen – und von feministischen Männern unterstützt wird, weil das Patriarchat und toxische Männlichkeitsbilder letztlich auch ihnen schaden.
Eine Bewegung, die intersektional ist, sich also gegen jegliche Unterdrückungsmechanismen und Ausbeutungsstrukturen richtet. Eine Bewegung also, die Frauen und Queers of Color, Arme, Alleinerziehende und Sexarbeiterinnen genauso mit einschliesst wie muslimische FeministInnen und Arbeiterinnen, die im Globalen Süden «Feminism»-Shirts nähen.
Bis Frauen und Queers einfach Menschen sind. Und Männer auch. Bis wir tanzen auf den Trümmern des Patriarchats – gerne auch mit Blumen.
* Korrigendum vom 18. März 2019: In der Printversion sowie in der alten Onlineversion hiess es, in der Schweiz werde alle zwei Wochen eine Frau von ihrem (Ex-)Partner umgebracht und in Deutschland jeden zweiten Tag. Richtig ist, dass in der Schweiz durchschnittlich alle 2,8 Wochen eine Frau von ihrem (Ex-)Partner umgebracht wird – in Deutschland jeden 2,48 Tag.