Bührle-Affäre: Alles nur auf Nachfrage
Und wieder einmal liessen Stadt, Kanton und Kunsthaus Zürich in einem gemeinsamen Communiqué mitteilen, dass sie alles richtig gemacht hätten: Mit Befriedigung nehme man zur Kenntnis, dass der Historiker Raphael Gross die hohen Standards des Kunsthauses Zürich bei der Erforschung von Provenienzen würdige. Erst an einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz letzte Woche gab Stadtpräsidentin Corine Mauch auf Nachfrage von Journalist:innen zu: «Im Rückblick sagen wir, dass wir Fehler gemacht haben. Ganz eindeutig, wir sind klüger geworden.»
In der Tat war die Studie von Raphael Gross zu einem desaströsen Befund gekommen: Rund ein Drittel der Kunstsammlung des Nazirüstungsfabrikanten Emil G. Bührle – von der Stadtpräsidentin einst als eine der «am besten erforschten Sammlungen weltweit» bezeichnet – weist im Zeitraum von 1933 bis 1945 einen jüdischen Vorbesitz auf. Die Herkunft dieser Bilder muss nun näher untersucht werden (siehe WOZ Nr. 27/24).
Wie viel diese Prüfung kostet und wie lange sie dauern wird, dazu konnten Corine Mauch, Regierungsrätin Jacqueline Fehr sowie Kunsthausdirektorin Ann Demeester an der Medienkonferenz noch nichts sagen. (Philipp Hildebrand, Präsident der Kunstgesellschaft, die das Museum betreibt, glänzte durch Abwesenheit.) Man sei, hiess es wolkig, im Gespräch mit der Bührle-Stiftung, die ihre Werke ans Kunsthaus ausgeliehen hat. Und gewiss, räumte Mauch wiederum erst auf Nachfrage ein, «wird die Frage der Kosten ein wichtiger Gegenstand dieser Diskussion sein». Gemäss dem Leihvertrag müsste die Kunstgesellschaft die Provenienzforschung finanzieren. Bloss schreibt diese seit der Eröffnung des Erweiterungsbaus für die Bührle-Bilder ein Millionendefizit. Dass stattdessen die Stiftung die Kosten vollumfänglich übernimmt, wäre auch noch aus einem anderen Grund richtig: Schliesslich hat sie vor der Leihgabe stets behauptet, die Herkunft ihrer Bilder sei unproblematisch.
Ob die Bührle-Stiftung am Ende die Gelder spricht oder sich aus der Affäre stiehlt, wird man wohl irgendwann im nächsten Halbjahr erfahren. Spätestens auf Nachfrage.