In diesen Tagen erscheint «Zwölf», ein Magazin im Zweimonatsrhythmus, das sich ausschliesslich dem Schweizer Fussball widmet. «Zwölf» startet mit einer Auflage von 5000 Exemplaren und ist überzeugt, ebenso viele Leserinnen und Leser zu finden, deren Horizont nicht Rooney und Ronaldinho, sondern die Seitentäler der hiesigen Fussballprovinz bilden. Das Konzept von «Zwölf» ist purer Anti-Glamour. Ob es aufgeht, wissen wir in ein paar Monaten. Dass Grund zur Hoffnung besteht, zeigen Beispiele aus Biel, Österreich und Deutschland.
Vor ein paar Tagen brachte mir ein Bekannter «fooot» nach Hause, «fooot» mit drei «o», davon eines als Ball. Noch nie gehört. Das zweisprachige Hochglanzmagazin mit gestalterischem Anspruch erscheint seit März 2006 vierteljährlich, wird in Biel produziert, gibt als Auflage 80000 an und kostet nichts. Das heisst: kostet CHF 6.–, wie auf dem Titelblatt steht, aber das muss niemand bezahlen. Das Heft liegt einfach auf, an ganz vielen Orten. Zusammen mit ganz vielen anderen Heften, die glänzen, sechs Franken kosten und gratis sind. Die «fooot»-Frühlingsausgabe 2007 beschäftigt sich mit Rooney und Ronaldinho, gibt Ausgehtipps für die EM-Stadt Basel und lässt den Bassisten der Lovebugs sagen: «Eines der grossen Themen, welches die Fussballwelt in den nächsten Jahren beschäftigen wird, ist der Hooliganismus.» Wo die 80000 Exemplare jeweils landen, ist schwer zu sagen. Nimmt man den Internetauftritt von «fooot» als Massstab, dürften nicht restlos alle Hefte gelesen werden. Das «fooot»-Forum bleibt bis heute ohne Eintrag, das einzige zur Diskussion stehende Thema lautet «Barcelona FC or Arsenal? Which team will win the Champions League?»
Ebenfalls traurig, wenn auch aus ganz anderen Gründen, ist das Schicksal von «Rund», dem deutschen Monatsmagazin aus dem Hause «Kicker». Im August 2005 hoffnungsvoll, gescheit und attraktiv gestartet, ist mit der Mai-Ausgabe 2007 das Ende gekommen, das jähe. Der Olympia-Verlag, der «Rund» in Konkurrenz zum überaus erfolgreichen Berliner «11freunde» lancierte, hatte genug von den dürftigen Absatzzahlen (statt 50000 nur die Hälfte) und liess die letzte Ausgabe gleich in der Druckerei. Relevante Titelthemen wie Homosexualität oder Rechtsextremismus waren letztlich nicht sexy genug, um den hohen kommerziellen Ansprüchen zu genügen. Zurück bleiben konsternierte Redaktorinnen und Redaktoren, die ihre gute Arbeit gerne weiterführen würden. Und Internet-Witzbolde, die es auf die «Rund»-Pressekarten fürs Pokalfinale abgesehen haben.
«Runds» übermächtiger Gegner, die «11freunde», sind ein organisch gewachsener Gigant, der zwischenzeitlich so viele Inserate verkaufte, dass er mit Inhalten kaum mehr nachkam. Die «11freunde», redaktionell verankert in der deutschen Fanzine-Szene, starteten vor sieben Jahren mit dem Anspruch, ein Heft von unten für höhere Ansprüche zu produzieren. Gut vernetzt, wuchs das sorgfältig gestaltete Magazin mit jedem Jahr, wechselte bald auf Monatsrhythmus, baute seinen Online-Auftritt aus, gab Bücher heraus und ging auf Lesetournee; eins nach dem andern. Heute herrschen die «11freunde» über ein mittleres Imperium der Fussballkultur. Ähnlich, wenn auch in rund zehnmal kleinerer Auflage, verlief die Geschichte des österreichischen «ballesterer fm». Waren die ersten paar Ausgaben noch von krudem akademischem Witz geprägte Fussballpamphlete, liegen die neuesten Wiener Hefte nun alle zwei Monate vierfarbig an den Kiosken auf, 10000 an der Zahl, Tendenz steigend.
«Zwölf» hat keine Fanzine-Vergangenheit, macht dafür sonst alles richtig: Die «Fussball-Geschichten aus der Schweiz» erscheinen im Eigenverlag, sind nicht auf Gewinn aus, wissen rund achtzig redaktionell Mitarbeitende in der ganzen Schweiz hinter sich und besetzen, im Gegensatz zu «fooot», eine inhaltliche Brache: Hänzi statt Heinze. Aus Gründen der schreibenden Involviertheit verzichte ich auf weitere Lobhudeleien. Sie sind auch nicht nötig, zumindest nicht für die Erstausgabe. Denn darin füllt Ivan Ergic Max Frischs Fragebogen aus.
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