Interview mit Arafat: Ein Blick zurück: Ein Krieg wird keine Probleme lösen

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«Entscheidend ist, dass wir, wenn wir wirklich Frieden wollen, alle Probleme im Nahen Osten lösen müssen.» Das sagte Jassir Arafat in einem WOZ-Interview, das wir am 18. Januar 1991 auf der Titelseite publizierten. Kurz zuvor, in der Nacht zum 16. Januar, hatten die USA mit dem Segen der Uno den Luftkrieg gegen den Irak begonnen. Dieser Krieg und seine Vorgeschichte, sein Verlauf, seine Folgen hat nicht nur die WOZ-Auslandredaktion über Monate hinweg in Atem gehalten.

Zur Erinnerung: Im Sommer 1990 hatte der vom Westen jahrelang aufgerüstete und umsorgte Saddam Hussein von Kuweit einen Aufschub für die Rückzahlung von Schulden verlangt, da der durch den Krieg gegen den Iran weitgehend zerstörte Irak die Tilgung nicht leisten könne. Die kuweitische Regierung lehnte Verhandlungen jedoch ab und reagierte stattdessen mit einer Erhöhung der Ölförderung; der Ölpreis sank, die wirtschaftlichen Nöte des Irak wurden grösser. Ende September bat der irakische Diktator die US-Botschafterin April Glaspie zu sich. Die Haltung Kuweits komme einer Kriegserklärung gleich, teilte er der Botschafterin mit. Glaspies Antwort: Die USA würden «in einem Grenzkonflikt zwischen dem Irak und Kuweit keine Position beziehen».

Anfang August gab daraufhin Saddam Hussein den Befehl zum Einmarsch in den Irak - ein grosser Fehler, wie er schnell erkannte. Bereits am 11. August bot er einen Truppenabzug an, wenn sich die israelischen Streitkräfte aus Palästina, Syrien und dem Libanon zurückziehen. Später machte er - unter anderem in einem Gespräch mit dem damaligen Uno-Generalsekretär Pérez de Cuéllar - weitere Zugeständnisse. Doch es gab für ihn kein Entkommen, wie die WOZ am 17. August festhielt: «Angefeuert von den internationalen Medien, die einmal richtig vom Leder ziehen dürfen, weil sich alle, die was zu sagen haben, so schön einig sind, setzen sich die USA auf der arabischen Halbinsel fest. Und erfüllen sich damit, dank Saddam Hussein, einen lang gehegten Traum: über eine Kontrolle des strategischen Rohstoffes Erdöl auch die Verbündeten und stärksten Wirtschaftskonkurrenten Westeuropa und Japan in Schach halten zu können.» (WOZ vom 17. August 1990)

Mit dieser Einschätzung stand die WOZ damals ziemlich allein. Keine andere grössere Publikation im deutschen Sprachraum, auch keine linke deutsche Zeitung oder Zeitschrift («taz» und «Konkret» inklusive), sah die Lage so nüchtern. «Der Metzgergeselle will Meister werden», titelten wir am 10. August 1990 mit Blick auf frühere Schlächtereien des irakischen Regimes (die zuvor kaum ein anderes Blatt wahrnehmen wollte). «Der Schlagabtausch zwischen den USA und dem Irak ... liefert Indizien für die künftige US-Politik gegenüber aufkommenden Regionalmächten in der Ära nach dem Kalten Krieg», analysierte die WOZ eine Woche später. In der folgenden Ausgabe (vom 24. August 1990) berichtete Oliver Fahrni von der Stimmung auf Algeriens Strassen («Saddam verkörpert für uns den Bruch mit einer ganz und gar hoffnungslosen Gegenwart.») Die meisten anderen Medien arbeiteten hingegen unverdrossen und teilweise bis zum Ende des Krieges Anfang März 1990 an ihrem Bild vom «grössenwahnsinnigen neuen Hitler».

Der Krieg kostete etwa 400 000 IrakerInnen das Leben, den nachfolgenden Uno-Sanktionen sind nach Schätzungen internationaler humanitärer Organisationen rund 1,5 Millionen IrakerInnen zum Opfer gefallen. Auch darüber berichteten die anderen Medien nur selten. Doch die KollegInnen in den anderen Redaktionen haben dazugelernt. Als die USA und Britannien im März 2003 - diesmal ohne Zustimmung der Uno - ihren zweiten Irakfeldzug begannen, befand sich die WOZ mit ihrer antimilitaristischen Sicht der Dinge mitten im Mainstream.


Bis zu unserem Jubiläum im Herbst werden wir an dieser Stelle eine kleine Auswahl der Highlights vorstellen, die in den letzten 24 Jahren in der jeweiligen Kalenderwoche in der WOZ erschienen sind. Diesmal: Kalenderwoche 2.


Den vollständigen Text des Interviews mit Arafat finden Sie hier www.woz.ch/artikel/inhalt/2006/nr02/In%20eigener%20Sache/12802.html