Das Berlin-Tagebuch des kubanischen Schriftstellers Jesús Díaz und Erich Hackl über seine Kuba-Erlebnisse (März/April 1992): Die andere Seite des Mondes
Im März 1992 lief die WOZ-Serie «1492-1992 quinto centenario de la conquista de américa» bereits seit zwei Jahren. Berichte, Interviews und Reportagen über die Auswirkung und die Geschichte der «Entdeckung» der «Neuen Welt» aus den verschiedensten zentral- und südamerikanischen Ländern lösten sich ab.
Der kubanische Schriftsteller Jesús Díaz diskutierte mit Eduardo Galeano aus Uruguay im Rahmen der ersten Veranstaltung von «Schöne Neue Weltordnung» am 2. Februar in der Roten Fabrik und formulierte seine Kritik am kubanischen Regime. Das Gespräch wurde von Erich Hackl moderiert (siehe «25 Jahre WOZ», in Nr. 9/06) und hatte für Jesús Díaz dramatische Konsequenzen.
In der WOZ vom 27. März 1992, als diese Konsequenzen für Díaz noch nicht so deutlich absehbar waren, schrieb Jesús Díaz für die WOZ über seine Erfahrungen als Kubaner in Berlin - «Die andere Seite des Mondes». Er berichtete von seiner ersten Erinnerung an das Wort «Berlin» im Alter von vier Jahren, als er zusammen mit anderen Kindern durch die Strassen Havannas rannte und «Pin, pin, cayó Berlín, pon pon, cayó Japón» sang. Es dürfte am 9. Mai 1945 gewesen sein oder am Tag, an dem die Atombombe auf Hiroshima fiel (6. August 1945). «Pin pin, Berlin ist gefallen, pon pon, Japan ist gefallen».
«Nach Berlin hinein gelangte ich zum ersten Mal 1975, von Leipzig kommend, wo ich das Filmfestival besucht hatte. Die deutsche Hauptstadt war geteilt, und für mich als Kubaner beschränkte sie sich auf den östlichen Teil ...» Den Vorschlag eines Freundes, das Pergamon-Museum zu besuchen, lehnte Díaz ab, weil er die Mauer sehen wollte, dieses «ohne Zweifel wichtigste Denkmal der Stadt», wie sein Gegenüber bemerkte.
Sein zweiter Besuch in Berlin ergab sich erst vierzehn Jahre später, Mitte November, als Gast eines literarischen Kolloquiums, 1989. «... die kubanische Botschaft in der DDR erledigte die bürokratischen Formalitäten, und ein anderer Freund half mir, die Mauer am mythischen Checkpoint Charly zu passieren. Er war ein richtiger Experte in deutscher Politik. (...) Nur eines sei gewiss in diesem kritischen Augenblick, sagte er mir, die Berliner Mauer, eine der schmerzlichsten Folgen des Kalten Krieges, werde mindestens weitere zwanzig Jahre bestehen bleiben, Garantie für das Gleichgewicht der Welt.» Die Mauer aus der Sicht der «verbotenen Stadt» empfand er wie «die andere Seite des Mondes».
Einige Tage später reiste Díaz nach Madrid und berichtete seinen spanischen FreundInnen, die ihn «mit Fragen über die deutsche Situation löcherten. Ich antwortete ihnen mit einem Vortrag; wenige Male in meinem Leben war ich so brillant und von meinen Schlussfolgerungen überzeugt gewesen.» Er wiederholte, was ihm «ein richtiger Experte» in Berlin erzählt hatte. «Es war, das werde ich nie vergessen, die Nacht des 9. November 1989, und während ich redete, fiel die Mauer in Stücke.»
«Jesús Díaz lebt zurzeit in Berlin und lehrt an der Filmhochschule», steht im Kasten zum Text von 1992. Der Schriftsteller war seit April 1991 DAAD-Stipendiat (Deutscher Akademischer Austausch Dienst), eine gemeinsame Einrichtung der deutschen Hochschulen, die Studierenden, DozentInnen und KünstlerInnen den Aufenthalt in Berlin ermöglichte. Er stellte sehr schnell fest, «dass sich ein Kubaner in Berlin einem unerträglichen Dialog von Schwerhörigen gegenübersieht», sobald die Rede auf Kuba kam. «Politik beiseite, drei Ängste beherrschten mich, als ich nach Berlin kam. Die Angst vor der Kälte, vor der für mich unaussprechlichen Sprache und vor dem Mangel an Musik und Tanz.» Jesús Díaz wählte, nachdem sich in den folgenden Wochen die Situation zugespitzt hatte, das Exil und lebte bis zu seinem Tod im Mai 2002 in Madrid.
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«Bitte rufen Sie die Polizei nicht an, wenn Sie das Gefühl haben, ein Fixer oder ein Dealer werde zu hart angefasst», bat die Zürcher Stadtpolizei im Januar 1995 die Zürcher Bevölkerung. Und Roger de Weck, damals Chefredaktor des «Tages-Anzeigers», erteilte den PolizistInnen die Generalabsolution mit der Bemerkung, «es werde wohl nicht jedem Polizisten gelingen, die Verhältnismässigkeit zu wahren». Angesichts der offenen Drogenszene am Letten und deren anstehender Räumung waren nicht aufmerksame BürgerInnen gefragt, die dem Staat und seinen Organen auf die Finger schauten.
Jedes Jahr die gleiche Frage: Wie den 1. August begehen beziehungsweise verbringen? Mit einer feinen Wurst wenigstens, inmitten des Lichtgewitters und Raketengeheuls, daheim oder etwa gar nicht?
Die Schweizerische Depeschenagentur tippte praktisch nur den Pressetext der Bündner Polizei ab. Der «Tages-Anzeiger» titelte «Massenkontrollen verhinderten Nachdemos». Der «SonntagsBlick» schrie: «An der Kundgebung in Chur hielten sich die Chaoten zurück. In Landquart zeigten sie ihr wahres Gesicht». Die «Neue Zürcher Zeitung» erkannte: «Mit kluger Taktik Eskalation verhindert». Und der «Blick» sah: «Wef-Chaoten schlugen wieder in Landquart zu». Auch die «Südostschweiz» quengelte: «In Landquart haben es rund 500 Wef-Demonstranten auf die Spitze getrieben.
«Banken-Sound-Age» und «Bankverein kauft Pop und Jazz» war auf der ersten Seite der WOZ vom 6. März 1987 zu lesen. WOZ-Redaktor Patrik Landolt führte ein Interview mit Markus Bodmer, der beim Schweizerischen Bankverein für PR-Aktionen und Sponsoring verantwortlich war. Der Inhalt des Interviews gefiel weder den Wochen später zu Wort kommenden MusikerInnen, noch Bodmers Vorgesetzten beim Bankverein, die sich in einer Stellungnahme von Bodmer distanzierten.
Sind es in anderen Ländern Tabakfirmen oder Unterhaltungselektronikkonzerne wie «Sony» oder «Japan Victory», die sich die grossen Festivals von New Newport, Den Haag bis Nizza unter ihre Fittiche gerissen haben, ködern in der Schweiz nun die Banken mit ihrem sogenannten Sponsoring die Gunst der Öffentlichkeit. Im zunehmend härteren Konkurrenzkampf auf dem Finanzplatz Schweiz treiben die einzelnen Banken einen immensen Aufwand, um sich gegenseitig abzugrenzen und ein eigenes Profil zu erkaufen.